Der Begriff Third Wave Coffee mag wie ein stylishes Schlagwort für die Insta-Generation klingen. Doch dahinter steckt tatsächlich genau die Kaffee-Revolution, für die Kaffeefans, Profis und Blogger sie halten. Denn die dritte Welle widmet dem Kaffee die Aufmerksamkeit, die er eigentlich verdient.
Die drei Wellen der Kaffeekultur
Wo es eine Third Wave gibt, muss es natürlich auch eine First und Second Wave geben. Und jeder, dem Kaffee mehr bedeutet als ein schneller Koffeinkick, ist froh, dass diese vorbei sind.
Die Dreiteilung inklusive coolem Namen wurde 2002 erstmals von Rösterin Trish Rothgeb in einem Artikel ausformuliert, fand schnell Verbreitung und Verfeinerung. Denn diese Dreiteilung erklärt hervorragend, wie sich unser Verhältnis zu Kaffee und dem Kaffeegenuss im Lauf der Jahrzehnte verändert hat:
- Die erste Welle beschreibt die Verbreitung von Kaffee als Massengenussmittel – gemahlen, für alle erschwinglich und mit einfachen Filtermaschinen zubereitet.
- Die zweite Welle wird häufig auch als Zeitalter der Kaffeespezialitäten und To-go-Mentalität bezeichnet. Latte Macchiato, Espresso & Co. standen plötzlich auf jeder Café-Karte und wurden in teils abenteuerlichen Zusammenstellungen von neu entstandenen Kaffeebars unter das Volk gebracht. Und weil dieses mit Wirtschaftswachstum und Selbstoptimierung beschäftigt war, wurde der Coffee-To-go-Becher für den Triple-Flavoured-Moccacino zum Sinnbild dieser Zeit.
- Die dritte Welle zog die Handbremse – nicht nur, was die Zubereitungszeit und die Zutatenlisten betraf. Röster und Kaffeeprofis widmeten sich mit ihr hingebungsvoll dem Ur-Produkt – der Kaffeebohne. Woher der Kaffee kommt, was seine Eigenheiten sind, wie er geröstet wird und wer daran wie viel verdient, wurde genauso wichtig wie eine Zubereitungsmethode, die das Beste aus der Bohne holt, ohne sie bis zur Unkenntlichkeit zu verzuckern.
Auch, wenn sich die Kaffeewelt über die Gestalt der drei Kaffeewellen einig ist, gibt es bei der zeitlichen Einteilung doch Unterschiede. Fest steht nur, dass die USA in Sachen Third Wave Coffee dem Rest der Welt um ungefähr 20 Jahre voraus sind. Denn hier entstanden erste Bemühungen um einen sorgsamen Umgang mit dem Luxusgut Kaffee bereits in den Neunzigern, während der Rest der Welt noch Milch-Zucker-Sahne-Mischungen schlürfte.
Interessanterweise hat die Third-Wave-Coffee-Revolution jedoch eigentlich einen japanischen Akzent. Gerade die seit Jahrzehnten unveränderten Zubehörprodukte von Hario entsprechen nämlich genau den Anforderungen von Third Wave Coffee und zählen seit Beginn der Kaffee-Revolution zum Herzstück des Hypes um schlichten, guten Kaffee.
Was macht Third Wave Coffee aus?
Nicht umsonst sieht es in Third Wave Coffee Bars ein wenig aus wie in einem Chemielabor. Denn wo die Kaffeebohne an sich im Mittelpunkt steht, braucht ein Barista nicht nur viel Wissen und ein sorgfältiges Händchen – es wird auch das richtige Equipment benötigt, um die feinen Nuancen einer Röstung mit der richtigen Zubereitungsmethode herauszukitzeln. Doch das ist längst nicht der Beginn der Kaffee-Revolution – der liegt schon viel weiter vorn im Herstellungsprozess.
- Third Wave Coffee zelebriert insbesondere den Single-Origin-Kaffee, also Kaffeebohnen aus einem eng begrenzten Anbaugebiet.
- Fair Trade und Direktimporte geben den Kaffeebauern ihren unverzichtbaren Status als Erzeuger zurück.
- Kaffeebohnen werden besonders schonend und langsam im Trommelverfahren geröstet.
- Hellere Röstungen lösen die dunklen Espresso-Versionen ab – die blumige Note wird zum Symbol der Welle.
- Handfilter, Aeropress, French Press und Co. entschleunigen den Zubereitungsprozess und machen ihn wieder zur Handarbeit.
- Milchschaum komplementiert den Kaffee – nicht umgekehrt. Latte Art wird zur Third-Wave-Signatur.
So gesehen ist Third Wave Coffee also nichts weiter als eine Rückkehr zum ursprünglichen Status von Kaffee als edlem Luxusgut, das man auch dementsprechend behandeln sollte. Und in einer Gesellschaft, in der alles sofort und in Massen verfügbar ist, kommt genau das einer echten Revolution gleich.
Nun heißt dies nicht, dass Cappuccino, Latte und Co. geächtet werden. Aber auch sie erhalten ein Third Wave Update. Der Flat White löst immer öfter den Cappuccino ab. Bei dieser australischen Idee werden blumige, helle Röstungen mit einem besonders feinporigen Mikroschaum vermählt, das Verhältnis von Kaffee zu Milch verschiebt sich in Richtung Kaffee.
Nur der Espresso, der sowieso schon die Essenz der Bohne in die Tasse bringt, hat sich praktisch nicht verändert. Nur schauen Barista eben auch hier nun ganz genau hin und justieren an Kaffeemühle und Bohnenauswahl so viel nach wie nie zuvor.
As Single Origin können wir den Moak Santos empfehlen. Ein harmonischer Espresso mit vollem Körper und einer fruchtigen Note.
Was kommt nach dem Third Wave Coffee? Oder: Wie verändert sich Kaffeegenuss?
Es liegt in der Natur unserer trendhungrigen Gesellschaft, dass der Hype von heute eigentlich schon längst Geschichte ist. Auch bei der Entwicklung der Kaffeekultur schauen Scouts bereits über die dritte Welle hinweg. Allerdings lässt sich dahinter noch nicht viel erkennen. Das mag daran liegen, dass die Third Wave gerade erst global rollt. Oder daran, dass dem Kaffee eigentlich nichts Besseres passieren kann. Oder einfach daran, dass niemand die Antwort auf die Frage kennt, wie sich der Kaffeegenuss weiter verändern wird.
In den Details jedoch gibt es durchaus Veränderungen: Die Blonde Roasts und sehr blumigen Aromen scheinen zumindest im Third-Wave-Mutterland USA inzwischen wieder passé. Hier werden die Bohnen wieder dunkler, der Geschmack kräftiger und der Koffeinkick eindeutiger. Der Flat White hat sich fest etabliert und sieht neben aktuellen Kaffeetrends wie Cortado oder Ca Phe Sua Da aus Vietnam schon fast etabliert aus.
Third Wave Coffee – langsamer, eindeutiger, hochwertiger
Fest steht, dass Third Wave Coffee ein globales Phänomen ist, von dem alle etwas haben: die Erzeuger, die Röster und nicht zuletzt die Kaffeegenießer.
- Das Produkt Kaffee wird in allen Schritten des Herstellungsprozesses nach neuen Qualitätsmaßstäben bewertet.
- Import, Röstung und Zubereitung mit höchster Sorgfalt stehen im Mittelpunkt.
- Der Kaffeegeschmack ist ursprünglicher, direkter und wird sehr genau herausgearbeitet.
- Kaffee erhält denselben Status wie teurer Wein – und den trinkt auch niemand aus dem To-go-Becher.
Beitragsbild: ©iStockphoto: Xesai