Eine Weisheit der Kaffeewelt ist unumstößlich: Das wirkliche Kaffeearoma wird erst im Röstverfahren gefunden. Denn je nachdem, wie lange und schonend der Kaffee geröstet wird, zeigt ein und dieselbe Kaffeebohne ein völlig anderes Gesicht. Doch welche Verfahren gibt es, wie kann man Kaffee rösten und welcher Kaffee passt zu mir? Werden wir einmal technisch.
Was passiert bei der Kaffeeröstung?
In einer einzigen Kaffeebohne stecken um die achthundert Aromen, die ohne die Röstung niemals in das fertige Getränk gelangen würden. Schlicht gesagt bedeutet Rösten, dass hohe Hitze über einen genau kalkulierten Zeitraum chemische Prozesse in Gang setzt, die diese Aromen auf und entschlüsseln, überhaupt erst zusammensetzen und so den Charakter des fertigen Kaffees prägen.
Die Bohne ändert beim Röstverfahren nicht nur ihre Farbe, sie wird auch durch Wasserverdampfung doppelt so groß, gleichzeitig aber auch leichter. Die Aromastoffe entstehen durch die Neukombination von Kohlenhydraten, Proteinen und Aminosäuren. Diese Aromabildung wird als „Maillard-Effekt“ bezeichnet.
Worauf kommt es bei der Kaffeeröstung an?
Ein erfahrener Röstmeister achtet nicht nur auf die Qualität der Rohbohnen, er sorgt vor allem auch dafür, dass Röstzeit und Rösttemperatur stimmen. Beide Faktoren sind im Wesentlichen dafür verantwortlich, welchen Charakter der Kaffee am Ende erhält.
Die Faustformel dabei lautet: Je länger der Röstvorgang bei möglichst niedrigen Temperaturen, desto aromareicher wird der Kaffee.
Wie lange muss Kaffee rösten?
Hier kommt es darauf an, welche Aromen der Kaffee am Ende zeigen soll: Helle Röstungen, auch Blond Roast oder City Roast Plus genannt, zeigen lediglich leichte Bitterstoffe, aber sehr betonte Fruchtnoten. Anders herum sind die dunklen Röstungen am oberen Ende der Röstzeitskala für ihre ausgeprägten Bitterstoffe bekannt.
Wichtig ist zudem, mit welchem Röstverfahren die Bohnen veredelt wurden. Bei Kaffee aus der Trommelröstung kann sich der Röstmeister Zeit für die Aromenentwicklung nehmen: Die Röstzeit von 15 bis 20 Minuten wird von niedrigen Temperaturen begleitet. Der Kaffee wird schonend an der Luft abgekühlt.
Das Heißluftverfahren kommt in der Industrie zum Einsatz. Hier werden die Bohnen in sehr kurzer Zeit (2 bis 5 Minuten) stark erhitzt und anschließend genauso schnell wieder abgekühlt. Das Heißluftverfahren ist günstiger, weil wesentlich größere Mengen an Kaffee geröstet werden können.
Welche Röstgrade gibt es und wie schmeckt der Kaffee?
Bei den sogenannten Röstgraden gibt es viele Abstufungen. Hier kann man ausprobieren, Neues entdecken und aktuelle Kaffee-Trends erleben.
Der Cinnamon Roast ist mit der hellste Röstgrad und zeigt eine überaus ausgeprägte Säure bzw. Frucht im Geschmack. Third-Wave-Kaffeetrends beruhen allerdings eher auf der nächsten Stufe, der schon erwähnten City Roast Plus, bei der einige Bitterstoffe ins Spiel kommen.
Die sogenannte Französische oder Wiener Röstung, auch Continental genannt, kommt mit einem dominanten Röstgeschmack, bringt Würze und zudem Süße ins Spiel. In dieser Stufe wird beispielsweise typischer norditalienischer Espresso geröstet.
Weiter im Süden geht man mit Dark French noch einen Röstschritt weiter und sorgt für ausgeprägte Bitter- und Röstnoten. Spricht man von einer Espresso-Röstung oder meint die Italienische Röstung, bewegt sich die Kaffeebohne meist zwischen diesen beiden Polen.
Die spanische Röstung ist das obere Ende der Skala und schmeckt fast verbrannt. Da aber die Spanier ihren Kaffee sowieso stark verdünnt lieben, hat auch diese Stufe ihre Fans.
Damit dürfte klar sein, dass ein Kaffee aus heller Röstung genauso gut sein kann wie Kaffeebohnen aus Langzeitröstung am oberen Ende der Skala. Allerdings muss der Rohkaffee bei den ersten Stufen des Röstverfahrens mit noch mehr Qualität überzeugen, sonst merkt man das in der Tasse sofort.
Wie kann ich Kaffee selber rösten?
Wer zumindest einmal ausprobieren möchte, wie das Rösten von Kaffee zu Hause funktioniert, braucht dazu eigentlich nichts weiter als eine gute Pfanne und hervorragenden Rohkaffee. Oder?
Leider ist das Home-Rösten nicht ganz so einfach, denn eigentlich müssen die Bohnen permanent umgerührt, die Hitze per Thermometer gemessen und ständig ausgepegelt werden. Die Röstgase können für springende Bohnen sorgen.
Der Backofen eignet sich schon etwas besser (Umluft 200 Grad für 10 bis 20 Minuten), selbst wenn man hier nicht umrühren kann. Wichtig ist nur, dass die Bohnen anschließend schnell und gleichmäßig abkühlen.
Es gibt auch findige Heimröster, die zu Popcornmaschine oder Brotbackautomat greifen. Allerdings muss man hier schon wissen, was man tut.
In jedem Fall dürfte das Heimrösten mit Pfanne oder Backofen deutlich machen, wie viel Können und Sorgfalt im gut gerösteten Kaffee stecken. Gut, dass es Profis gibt.
Kaffeeröstung: Stellschraube mit vielen Variablen
Gut gerösteter Kaffee ist eine Wissenschaft für sich. Wenn nicht gar die Wissenschaft schlechthin, um perfektes Kaffeearoma zu zaubern:
- Beim Rösten werden die tausend Aromen der Kaffeebohne aufgeschlüsselt und teilweise sogar erst zusammengesetzt.
- Ein langsames, schonendes Röstverfahren in der Trommel ist immer besser als die Turbo-Variante mit Heißluft.
- Die Röststufen sind zahlreich und aktuell sind helle Röstungen am unteren Ende der Skala der Hit.
Beitragsbild: ©iStockphoto:WolfgangSchwarz
Vielen Dank für diesen informativen Beitrag. Ich liebe den Kaffee, den ich mir regelmäßig bei meiner Kaffeerösterei hole und wollte deshalb mal nachschauen, was bei dem Prozess des Röstens alles so passiert. Interessant, dass Röstzeit und Rösttemperatur so wichtig für den Charakter des Kaffees sind.