Fast scheint es, dass es einzig um das sahnig-nougatfarbene Topping auf dem kleinen Schwarzen geht. In heißen Diskussionen rund um die Crema tauschen Espresso-Fans ihre Erfahrungen aus. Wie sieht die perfekte Crema aus, wie entsteht sie – oder auch nicht? Jeder wünscht sich den optischen und kulinarischen Kick. Und man möchte beinahe glauben, die Crema wüsste um ihre Beliebtheit. Sie verhält sich wie die unergründliche Mischung aus Diva und Mimose. Manch einer verzweifelt an ihr, während es anderen scheinbar spielerisch gelingt, ihrer Verführung zu erliegen. Sicher, aus dem Handgelenk lässt sie sich nicht schütteln. Wir lüften das Geheimnis (das keines ist) und zeigen die Dos and Don’ts auf dem Weg zum himmlischen Espressogenuss.
Die Crema – große Unbekannte mit der Lizenz zum Verwöhnen
Es ist wie mit vielen Dingen – man kennt sie, und solange sie gelingen, gibt es keinen Grund, sie zu hinterfragen. Die perfekte Crema gelingt nur selten rein zufällig. Denn die Komponenten zum aromatischen Kaffeehäubchen wollen clever kombiniert werden. Um aus den sogenannten Kaffeeölen eine cremige, nicht schaumige Oberfläche zu zaubern, bedarf es des Wissens, wie Crema entsteht. Proteine, Zuckerarten, Kohlenstoffdioxid und Kaffeebohnenöle tauchen beim Überbrühen zunächst in den heißen Espresso ab. Da eine Verbindung jedoch nicht möglich ist, steigt das Gemisch satt in Farbe und wolkenweicher Struktur nach oben auf und legt sich wie ein traumhafter Film über den Kaffee. Espressotassen aus Glas machen diesen Vorgang malerisch sichtbar. Anders als beim berühmten Sechser im Lotto hat der anspruchsvolle Kaffeefreund die Entstehung der goldenen Schaumschicht weitgehend selbst in der Hand. Beginnen wir zunächst bei den Zutaten.
Punkt 1: Die Espressomaschine
Alles eine Frage der Technik? Ja – denn bereits hier geben die Unterschiede die Richtung vor. Vollautomaten – Giganten in Sachen Milchmix-Spezialitäten wie Cappuccino oder Latte Macchiato – oder gar Pad-/Kapselmaschinen verfügen nicht über die druckvollen Argumente eines Siebträgers und liefern einzig Pseudo-Crema. Ebenso ist es den klassischen Espressokochern leider versagt, eine würdige Crema zu schaffen. Einen akzeptablen Kompromiss schaffen Einkreiser mit zusätzlichem Crema-Ventil im Siebträger, wie beispielsweise die beliebte, kleine und unverwüstliche Saeco Magic Cappuccino oder die Dual Boiler Siebträgermaschine von Sage. Dadurch wird mehr Druck aufgebaut, der dem Kaffeemehl die Öle entlockt, die sich in einer wolkenweichen Crema zeigen. Perfekter Teamplayer bei der Kaffee-Crema-Zubereitung ist und bleibt die semi-professionelle Siebträgermaschine, deren Profi-Kollegen wir in den klassischen italienischen Restaurants bewundern. Modelle für die heimische Crema liegen in der Preisklasse ab etwa 500 Euro. Die Kaffee-Crema aus diesen Geräten verfügt über die feinstporige Struktur und das herrlich dunkle Nougatbraun.
Punkt 2: Die Kaffeebohnen
Welcher Espresso macht die beste Crema? – Wenn es doch so einfach wäre! Eine allgemeingültige Antwort findet sich hierauf leider nicht. Sowohl Robustabohnen als auch Arabica oder die zahlreichen Mischungen aus beiden schenken bei korrekter Zubereitung das heiß ersehnte Schäumchen auf dem Espresso. Fakt ist, dass die Robusta-Bohnen eine dickere, langlebigere Crema erzeugen. Da sie im Geschmack weniger intensiv auftreten als Arabica-Kaffee, bringt zumeist die ausgewogene Mischung aus beiden Kaffeebohnen den ultimativen Kick. Unser Kaffeeberater hilft bei der Auswahl der passenden Espressobohnen für den individuellen Kaffeegenuss.
Bevor aus der kleinen, meist roten Perle ein gigantischer Aroma-Tresor wird, verleiht eine geschickte Röstung den ultimativen Schliff. Und selbst die professionell geröstete Bohne schenkt nur dann ihre inneren Werte, wenn sie entsprechend weiterverarbeitet wird. Erfahrene Espressotrinker:innen achten auf eine kühle (nicht kalte!) und trockene Lagerung. Diese darf nicht zu lange anhalten. Hier lauert bereits der erste Todeskuss: Bei alten Kaffeebohnen schwindet der Anteil der benötigten Kaffeeöle und macht das erwartete Erlebnis zunichte. Ebenso ergeht es vorzeitig gemahlenem Kaffeepulver. Der wahre Kenner mahlt unmittelbar vor der Zubereitung. Ob das per elektrischer Mühle geschieht oder per Handmühle, macht keinen Unterschied. Das Modell muss jedoch für feinste Mahlgrade ausgelegt sein. Grob gemahlene Bohnen wie für die French Press oder den klassischen Aufguss geben keine ausreichenden Mengen Kaffeeöle frei.
Punkt 3: Die Zubereitung und die Fehlersuche
Alles kalter Kaffee? Damit das nicht passiert und die Kaffee-Crema-Zubereitung gelingt, gilt es, eine ausreichende Vorwärmzeit aller Elemente einzuplanen. Fein gemahlenes Kaffeepulver, druckvoll, schnell und heiß überbrüht, bringt das Beste der Bohnen direkt in die vorgewärmte Tasse: die Crema. Erfahrene Espresso-Trinker:innen erkennen übrigens anhand der Optik des Schaums erstaunlich viele Details der verwendeten Kaffeebohne. Farbe, Dichte, Konsistenz, Menge und Haltbarkeit der Kaffee-Crema gegeben unverfälscht Auskunft über Bohnenart, Alter und Mahlgrad. Die perfekte Crema zeigt sich haselnuss- bis dunkelschokoladig braun. Eine hellere Farbe zeugt von zu schnellem Brühvorgang, altem Kaffee oder zu kalter Brühtemperatur beziehungsweise kalter Tasse. Letzteres beeinflusst die Stabilität der Crema negativ. Dunkle, bittere Crema weist auf ein Zuviel an Pulver, Temperatur, Mahlgrad oder Anpressdruck hin.
Ein kleiner Tipp zum Schluss:
Ein Teelöffel Zucker bringt es ans Licht. Vorsichtig auf die Crema gesetzt, wird die süße Last einige Sekunden getragen, bevor sie im zarten Schmelz versinkt. Ein überaus appetitanregender Anblick, oder? Eine misslungene Crema dagegen gibt sofort nach und der Zucker versinkt noch im gleichen Augenblick.
Die Wegweiser zu perfekter Crema auf jedem Espresso
- Geeignete Kaffeebohnenmischung wählen (etwa 80 % Arabica und 20 % Robusta).
- Bohnen direkt vor dem Verwenden sehr fein mahlen.
- Idealerweise Siebträgermaschinen oder Espressokocher mit Crema-Ventil wählen.
- Tassen und Maschine ausreichend vorheizen.
- Eckdaten: 7 g Kaffeepulver – 15-20 kg Tamperdruck – 90-95 °C Brühtemperatur – 9 bar Brühdruck – rund 25 – 30 Sekunden Brühdauer für 20 ml Espresso.
Beitragsbild: ©iStockphoto: nimon_t
Wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dass es beim Kaffee auf das richtige Equipment und vor allem auch gute Kaffeebohnen ankommt. Nichts hat größeren Einfluss auf den Geschmack. Selbst der beste Barista kann nicht mit einem schlechten Siebträger einen exzellenten Kaffee zaubern.
Das sehe ich anders. Es kommt einzig und allein auf die Qualität des Kaffees und das Können des Baristas an. Denn eine 70€-Siebträgermaschine mit einer 54er-Brühgruppe funktioniert genauso wie eine 1500€-Maschine. Natürlich sind die Billigmodelle nicht vergleichbar in puncto Temperaturkonstanz, doch das kitzelt nur die letzten Prozent heraus, die wahrscheinlich nur Top-Baristas mit jahrelanger Erfahrung rausschmecken 🙂